Display MoreHeute ist das noch garnichts im Vergleich zu der Zeit VOR Schengen. Mirt hat dieses Abkommen ein Menge Mühe bei den Alpenüberquerungen erspart. Ich möchte es auf keinen Fall missen.
Wenn man diese Routen öfters fährt, bemerkt man mit der Zeit ein immer größeres Entgegenkommen bei den jeweiligen Grenzstationen, auch in nd aus der Schweiz.
So rief bei einer Passstation, als mich ein junger Grenzbeamter kontrollierte, sein Vorgesetzter aus dem Fenster: "Lass ihn, der Herr ischt amtsbekannt!"
A. Nemitz
wirklich die sich ständig ändernden Bestimmungen oder ehr die sich ständig ändernden Beamten die den Stempel schwingen?
was geht als "Zirkustier"?
Das Problem sind in der Regel nicht die Beamten an der Grenze, die den Stempel "schwingen", sondern die Beamten ind den Hauptstädten, die die Regeln schreiben.
Ich hatte mich 2016/17 sehr intensiv mit den Formalitäten beschäftigt, wenn man mit Equiden – hier einem Esel - in die Schweiz und wieder zurück will. Wie das mit Rindern ist, und ob sich mittlerweile viel geändert hat, weiß ich nicht.
Was ich gesehen und erlebt habe: der Schweizer Staat hat mit seinen Regelungen dem Equidenhalter wirklich sehr entgegenkommen wollen (nicht einmal ein Gesundheitszeugnis - das man bei jedem Grenzübertritt innerhalb der EU benötigt - wurde gefordert, wenn man nicht länger als 10 Tage in der Schweiz weilt)! Die Regelungen sind aber in sich zu detailliert und kompliziert. So unterschieden diese, ob man Urlaub macht, auf Wanderritt ist, eine Gesundheitsbehandlung macht, an einem Wettbewerb teilnimmt, usw. Danach richtet sich, wo man über die Grenze darf, ob man über die grüne Grenze darf, wie oft man über die Grenze darf, wie lange man im Land bleiben darf usw. Das wiederum schafft Probleme beim Vollzug, da immer viel Interpretationsspielraum offen bleibt und die jeweiligen Beamten individuell auslegen und entscheiden können. Wenn man dann mit einem Equiden auf der Grenze auftaucht, ist das für den Beamten nicht die tägliche Routine und für den einen lästig, für den anderen eine willkommene Abwechslung.
Hier meine persönlichen Erlebnisse, über die ich noch immer lächeln muss:
1. Akt:
Ich wollte mit meinem Esel im August 2016 an der Sbrinz-Route teilnehmen, bei der man in der Innerschweiz startet, zu Fuß über die grüne Grenze nach Italien und wieder über eine solche zurück in die Schweiz säumt. Im Oktober hatte ich vor, noch einmal mit dem Esel zum 2. internationalen Säumertreffen in die Schweiz zu kommen. Ich hatte mir im Juni bei einem Besuch in der Schweiz an der Grenze alle notwendigen Formulare besorgt. Von Peter van der Gugten, der viele Reitgäste aus dem Ausland in der Schweiz hat, bekam ich folgende Tipps:
- Kein (teures) Carnet ATA sondern einen Freipass für eine vorübergehende Einfuhr und Wiederausfuhr lösen, bei dem man zwar eine Kaution hinterlegen muss, diese aber bei der Ausreise wieder zurück bekommt.
- Die Höhe der Kaution richtet sich nach dem Wert des Tieres. Bei meinem Esel könne ich einen Wert unter 2.000,- CHF angeben und müsse dafür die niedrigste Kaution in der Höhe von 120,- CHF hinterlegen.
- Als Einfuhrgrund solle ich Wanderritt angeben. Da könne ich mehrmals über die Grenze, auch über die grüne, und der Freipass gelte 2 Jahre. Die begrenzte maximale Aufenthaltsdauer von 3 Tagen gelte ab Grenzübertritt. Dieser könne aber kaum nachgewiesen werden und somit auch kaum, dass man schon länger als 3 Tage im Land sei, falls sich die drei Tage nicht ausgehen.
Peter stellte mir noch ein ausgefülltes Formularmuster zur Verfügung anhand dessen ich für meinen Esel alle Daten eintrug – einzig beim „Wanderritt“ war ich überehrlich und schrieb „Säumerwanderung“. Zuversichtlich, alles richtig gemacht zu haben, fuhr ich bei der Grenze vor, parkte mein Gespann und begab mich ins Abfertigungsgebäude. Dort stellte ich mich in der Schlange beim richtigen Schalter an. Als ich endlich an der Reihe war, war es kurz vor Mittag, und ich ahnte, auch schon hungrig, Ungemach.
Ich schob mein Formular unter der Glasscheibe durch und sagte, dass ich mit einem Esel einreisen wolle. Nach einem flüchtigen Blick auf das Formular schob der Zollbeamte das Formular wieder zu mir und sagte: „Kommen sie wieder, wenn alles ausgefüllt ist!“.
Ich schob das Formular wieder zurück und sagte, dass ich alles ausgefüllt habe, was ich ausfüllen könne. Daraufhin nahm er seinen Kugelschreiber und kreiste irgendwelche Felder mit fehlenden speziellen Zollnummern ein: „Hier ist nichts, und hier ist nichts und da steht nichts!“ Ich entgegnete, ich könne ja nicht Nummern raten, wie soll ich solche speziellen Nummern wissen. Ich solle zu einer Spedition gehen, die wissen das. „Das ist nett, aber ich bin Tourist und will mit meinem Esel zu einer schönen Veranstaltung ins Land. Mir wurde gesagt, diese Nummern werden vom Zoll eingetragen.“ Beharrlich blieb ich vor seiner Scheibe stehen.
„Ausnahmsweise! Geben sie mir das Formular.“ - und dann wurde es heiter:
„Was ist das für ein Esel? Ein einfacher Esel?“
„Was sonst?“
„Ein Zuchtesel?“
„Ein einfacher Esel!“
„Einfuhrzweck – was ist eine Säumerwanderung?“
„Eine Wanderung, bei der der Esel neben mir geht und einen Tragsattel mit Last trägt.“
„Eine Säumerwanderung gibt es nicht in meiner Liste. Das ist ein Wanderritt, halt zu Fuß. Wie lange wollen sie wandern? Ich trage eine Gültigkeit von einem Jahr ein.“
Und so wurden am PC die Zollnummern gefunden, die Liste komplettiert ,und ich war auch mit der Gültigkeitsdauer zufrieden, da sie auch das Säumerteffen abdeckte.
Anschließend wurde ich gefragt, ob ich wisse, dass ich jetzt zur Kassa gehen und eine Kaution hinterlegen muss.
„Ja, ich weiß. Die 120,- CHF habe ich bar bei mir.“
Mit einem breiten Grinsen deute mir der Zöllner, ich solle nah an die Scheibe heran treten, um deutlich zu hören:
„Was glauben sie, was dem Schweizer Staat ihr Esel wert ist? ---- 3 Franken! Kautionshöhe 32,81 CHF.“
Er zog seine Zollwarnweste an und kam zu mir heraus. „Jetzt muss ich den Esel sehen.“ Nach einem Blick in den Hänge und ein Streicheln der Eselstirn: „Ein liebes Tier! Das ist ja toll, was sie da machen! Hier ist meine Visitenkarte. Wenn sie wieder einmal kommen und Fragen haben, rufen sie mich an!“
2. Akt:
Das internationale Säumertreffen wurde abgesagt – zu wenige Anmeldungen (wohl wegen der Furcht vor Schweizer Zollformalitäten). Ich wollte mir eigentlich bei der Heimreise von diesem Treffen die Kaution zurück holen. Prinzipiell ginge dies auch aus der Ferne mit einer Bestätigung durch den Amtstierarzt, dass der Esel nicht mehr in der Schweiz steht. Die Kosten dieser Bestätigung wären aber höher gewesen als die geringe Kaution und so wollte ich diese verfallen lassen.
Im nächsten Jahr entschied ich mich, noch einmal bei der Sbrinz – Route mitzumachen. Ich fuhr wieder bei der Grenze vor. Diesmal bei einem anderen Übergang in Feldkirch. Ich hatte mich schlau gemacht und wusste, dass eine Verlängerung der Gültigkeit meines Freipasses möglich wäre. Es war der letzte Tag seiner Gültigkeit. Diesmal war es zeitig am Vormittag – ausreichend Zeit bis sich Beamte an den Mittagstisch begeben wollen. Wieder fand ich den richtigen Schalter – diesmal ohne trennende Glaswand - und kam an die Reihe:
„Ich will mit meinem Esel einreisen. Hier ist mein Freipass. Er läuft heute aus. Ich möchte ihn um ein Jahr verlängern lassen.“
Das lange Starren auf mein vor ihm liegendes Formular und wortloses Stirnrunzeln, ließ mir wieder kommendes Ungemach erahnen. Mein Wunsch lag wohl außerhalb der Tagesroutine des Beamten.
Dann nach etlichen Minuten:
„Das geht nicht! Dieser Freipass ist falsch ausgefüllt und falsch ausgestellt!“
„Er wurde von einem ihrer Kollegen ausgefüllt und ausgestellt!“
„Dann hat mein Kollege einen Fehler gemacht!“
„Welchen?“
„Ein Wanderritt ist für sie nicht möglich!“
„Warum nicht?“
„Sie wohnen nicht in Voralberg! Können sie eine Meldebestätigung vorlegen?“
„Habe ich nicht dabei. Ich will Wanderreiten! Bei meinem Gewicht gehe ich aber lieber neben meinem Esel. Und ich werde immer in der Nähe der Grenze sein, damit ich nicht länger als drei Tage in der Schweiz bin.“
„Das geht nicht! Das Wanderreiten ist bei uns nur für Vorarlberger gedacht, die hier einen Reitbetrieb haben und auch mal kurz über die Grenze wollen?“
„Wo steht das?“
Ich spürte, dass ein mit dieser Frage in die Enge getriebener Beamter unangenehm werden kann und lenkte ein:
„Mein Esel steht noch auf der österreichischen Seite. Sie können sich überzeugen, er wurde wieder ausgeführt. Ich bitte mir meine Kaution zurück zu erstatten. Danach werde ich ihn sofort wieder ordnungsgemäß neu einführen.“
„OK! Das geht. Aber nur als Urlaub nicht als Wanderritt!“
„Einverstanden.“
„Gut, dann fahren sie jetzt in den Zollhof und kommen danach wieder zu mir.“
„Ich habe hier noch ein leeres Formular. Kann ich bei der Zollwarennummer die gleiche einsetzen, wie im auslaufenden Freipass?“
„Geben sie es mir, ich mach das inzwischen.“
Ich verzog meinen Hänger um 200 m in den Zollhof, ging wieder zum Schalter und wartete dort geduldig bis das Formular ausgefüllt war. Dann ging der Beamte zu seinem Kollegen in der Kassabox. Dort wurde länger diskutiert. Dann wurde ich gebeten, dazu zu kommen:
„Sie bekommen jetzt ihre Kaution zurück. Und sie müssen den gleichen Betrag für die neue Einfuhr begleichen. Das heißt, sie brauchen jetzt nichts zu bezahlen. Hier ist der neue Freipass und eine Karte, damit sie beim Schranken aus dem Zollhof hinaus fahren können.“
Beim Hänger tätschelte ich Taori „Nase rein, ich mach die Tür zu. Weiter geht’s.“
Da plötzlich eine Stimme hinter mir: „Wo haben sie den Freipass? Wir haben eine Formalität vergessen!“
War dann aber nicht viel, nur ein „Pickerl“, auf dem stand: „Hinweis: Werden bei der Ausfuhr die Ausfuhrformalitäten nicht durchgeführt, wird nach Ende der Gültigkeit des Freipasses der tatsächliche Wert der Ware für die Bemessung der Einfuhrtaxe herangezogen und nachgefordert.“ Gut, dass ich meine Kaution nicht verfallen ließ. Als tatsächlichen Wert von Taori hatte ich 1.500,- € angegeben und das wären mehr als die 3,- CHF gewesen!
3. Akt
Nach herrlichen Tagen und Erlebnissen auf der Sbrinz – Route machte ich mich auf die Heimreise. Diesmal wollte ich Taori ordnungsgemäß ausführen und meine Kaution zurück bekommen. Wieder war es ein anderer Grenzübergang und wieder eine andere Beamtenperson, diesmal eine Dame. Außer, dass ich mich lange gedulden musste, bis ich an der Reihe war und wieder irgendein Formular ausfüllen musste, verlief alles recht einfach. Es wurde geschrieben, unterschrieben, gestempelt und ich erhielt an der Kassa meine Kaution zurück. Ich zählte nach: 32,81 CHF – exakt der gleiche Betrag den ich vor zwei Jahren hinterlegt hatte. Mich hatten außer Zeit, Schreiberei und manches Stirnrunzeln ob Schweizer Zollbürokratie die Grenzübertritte mit Taori eigentlich nichts gekostet.
Ich ging mit den 32,81 CHF in der Hand noch einmal zu der Zöllnerin zeigte ihr diese und sagte:
„Das ist exakt das Wenige, was ich hinterlegt hatte. Jetzt haben etliche Schweizer Beamte viel Arbeit dafür investiert, deren Kosten die Schweizer Bürger tragen werden. Wozu war das gut?“
„Der Schweizer Staat hat sich sicher etwas dabei gedacht!“